Never Events
Bestimmte schwerwiegende Ereignisse, die als vermeidbar gelten und bei denen Patientinnen und Patienten zu Schaden gekommen sind, werden international als «Never Events» bezeichnet. Neu sollen eine nationale Never Event-Liste und ein Register den Umgang mit diesen vermeidbaren Ereignissen verbessern.
Wie in Schweizer Spitälern mit «Never Events» umgegangen wird, war bis ins Jahr 2020 nur ansatzweise bekannt. Die Stiftung hat deshalb eine Befragung bei Risiko- und Qualitätsmanagern in Akutspitälern durchgeführt. Diese zeigte einerseits, dass Never Events als wichtig eingeschätzt werden und in der einzelnen Institution zwar selten, im Gesamtsystem aber mit relevanter Häufigkeit vorkommen. Andererseits legen die Ergebnisse aber auch sehr unterschiedliche Herangehensweisen an diese Thematik offen. Damit spiegeln die Ergebnisse die starke Autonomie der einzelnen Spitäler beim klinischen Risikomanagement. Zum Teil wird auch eine gewisse Diskrepanz offensichtlich zwischen zugemessener Bedeutung von Never Events und dem Vorgehen vor Ort, wenn ein Never Event vorkommt.
Erfahren Sie mehr im Executive Summery.

Strategisches Handlungsfeld
Never Events sollen in Institutionen des Gesundheitswesens mehr ins Zentrum der Erhebungen von Qualitäts- und Patientensicherheitsmessungen rücken. Durch eine national einheitliche Definition und anhand einer Schweizer Never-Event-Liste soll mehr Verbindlichkeit geschaffen und damit das Management solcher Ereignisse vereinheitlicht werden. Gleichzeitig soll ein nationales Register eine bestehende Wissenslücke hinsichtlich Art, Häufigkeit und Auftretensmechanismen von schwerwiegenden Patientenschädigungen schliessen und Wissen generieren, damit sich Never Events nicht mehr wiederholen.
Definition
Never Events sind klar identifizierbare schwerwiegende Ereignisse im Zusammenhang mit der klinischen Behandlung, die zu Patientenschädigungen geführt haben und durch Systemdesign und/oder gezielte Präventionsmassnahmen vermeidbar sind. Diese Definition beinhaltet die Charakterisierung der damit beschriebenen Ereignisse als besonders schwerwiegend und vermeidbar, wenn die entsprechenden Massnahmen umgesetzt werden. Das Auftreten von solchen Ereignissen gibt Hinweise auf Schwächen von Präventionsmassnahmen. Sie sollten jeweils eine systemorientierte Ursachen-Wirkungs-Analyse nach sich ziehen.

Never Event Liste
Die Stiftung hat im Mai 2020 ein Projekt lanciert und eine national einheitliche Never Event-Liste für die Schweiz erstellt. Diese dient als Lerninstrument zur Erfassung und Analyse von Daten über Art, Umfang und Begleitumständen solcher schwerwiegenden Ereignisse auf lokaler oder nationaler Ebene. Ziel ist es, damit Entwicklungen zu monitorisieren, Wissen zu generieren und die Systemsicherheit zu verbessern. Die Liste dient nicht für individuelle Beurteilung oder für Rankings, sondern soll auf nationaler Ebene Erkenntnisse liefern, die dann in den einzelnen Institutionen zur Prävention genutzt werden können.
1 | Interventionen | Eingriffsverwechslung |
2 | Interventionen | Implantation eines falschen Medizinproduktes |
3 | Transfusion/Transplantation | AB0- oder HLA-inkompatible Transfusion und Transplantation |
4 | Interventionen | Unbeabsichtigtes Belassen von Fremdkörpern |
5 | Medikation | Fehldosierung Hochrisiko-Medikament |
6 | Medikation | Falscher Verabreichungsweg Arzneimittel |
7 | Medikation | Zu schnelle Verabreichung Hochrisiko-Medikament |
8 | Interventionen | Metallische Objekte im MRI-Magnetfeld |
9 | Allg. Patientenversorgung | Verbrennungen und Verbrühungen |
10 | Interventionen | Verlust von biologischem Material |
11 | Allg. Patientenversorgung | Schädigung durch Patientenfixierung |
12 | Interventionen | Beschickung einer Magensonde, deren Fehllage nicht ausgeschlossen wurde |
Empfehlungskatalog
Die Never Event-Liste dient als Lerninstrument ausschliesslich zur Erfassung und Analyse von Daten über Art, Umfang und Begleitumständen solcher schwerwiegenden Ereignisse auf lokalem oder nationalem Niveau. Die Stiftung hat für die Umsetzung zwei zentrale Empfehlungen formuliert.
Empfehlung 1: Interne Anwendung in den Spitälern
Die Never Event-Definition und die Never Event-Liste werden in den Spitälern/Spitalgruppen für das interne Patientensicherheitsmanagement eingesetzt. Dazu gehört:
- Etablierung eines internen Meldeweges mit Erfassung aller definierten Never Events:
- Grundlage bei Priorisierung von Risikobewältigungsmassnahmen
- Auslösekriterium für interne Fall-Analysen
Empfehlung 2: Freiwillige Teilnahme an einem Never Event-Netzwerk
Hauptzweck des Netzwerks soll eine zentrale und möglichst umfassende Registrierung von Never Events in der Schweiz sein.
- Einrichtung eines Never Event-Registers für die Schweiz
- Mitwirkung von Spitälern und Spitalgruppen
- Vorgesehene Modalitäten der Datenlieferung
- Durchführung von Auswertungen
- Selbstverpflichtung zur Eingabe von Never Events in das Register
- Vorteile für beteiligte Spitäler/Spitalgruppen
- Fachliche Unterstützung/Kooperation bei Fall-Analysen
TV-Tipp: PULS zu Fehlerkultur
Die Studie zu Never Events von Patientensicherheit Schweiz wurde von der Sendung PULS von Schweizer Fernsehen SRF aufgenommen. Die Journalistinnen und Journalisten des Gesundheitsmagazins widmeten am 24. August 2020 dem Thema «Fehlerkultur» einen langen Beitrag und mehrere Interviews. Zu Wort kamen PD Dr. med. Sven Staender, Chefarzt Anästhesie am Spital Männedorf, Prof. Dr. David Schwappach, Direktor von Patientensicherheit Schweiz und Dr. Gianni Roberto Rossi, Vorstand von H+. Zur Sendung
Short Facts
Laufzeit: 2020 – 2021
Budget: CHF 120’000
Finanzierung: Bundesamt für Gesundheit BAG
Kontakt

Helmut Paula
Leitung CIRRNET
+41 43 244 14 84
paula@patientensicherheit.ch
Just Culture
In einer Just Culture, oft als Gerechtigkeitskultur übersetzt, besteht eine Atmosphäre des Vertrauens. Doch was macht eine gerechte Kultur aus?
Room of Horrors
Interaktives Lernen im Room of Horrors Aufmerksamkeit für Patientensicherheitsrisiken lässt sich trainieren: in einem Room of Horrors. Im Trainingsraum werden Fehler
Morbiditäts- und Mortalitäts-Konferenzen
In Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (M&M) werden rückblickend Komplikationen, ungewöhnliche Behandlungsverläufe und unerwartete Todesfälle aufgearbeitet. Patientensicherheit Schweiz hat in Zusammenarbeit mit