Patientensicherheit

Angebote für Alters- und Pflegeheime

Nachfolgend finden Alters-, Pflege- und weitere Wohnheime praxisnahe Hilfsmittel der Stiftung Patientensicherheit Schweiz zur Förderung der Patient:innensicherheit. Die Materialien stammen aus abgeschlossenen und laufenden Programmen und Projekten und werden fortlaufend ergänzt.

Eine Übersicht über Angebote für weitere Versorgungsbereiche finden Sie hier.

Themenübergreifende Materialien

Ein Room of Horrors ist ein Trainingsraum für Patient:innensicherheit. In einem oder mehreren speziell dafür vorbereiteten Räumen (z. B. Patient:innenzimmer, Speisesaal, Beratungsraum) werden Fehler und Risiken versteckt. Die Teilnehmenden sollen diese aufdecken. 

Das Manual für den Room of Horrors für Alters- und Pflegeheime enthält eine ausführliche Anleitung zur eigenständigen Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Trainings. Es bietet zudem zwei konkrete Patient:innenfälle zur Inszenierung, inklusive diverser Materialien für die Umsetzung.

Um verspätete, falsche und verpasste Diagnosen zu verhindern, muss die diagnostische Genauigkeit im eigenen Diagnoseteam regelmässig überprüft werden, beispielsweise mit den strukturierten Übungen des Calibrate Dx Tool, entwickelt von der Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ).

Die Kurzanleitung zum Einsatz des Calibrate Dx Tool unterstützt sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung der Selbstevaluation mit Instruktionen, Beispielen und Anregungen. So können Lern- und Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert und Massnahmen zur nachhaltigen Verbesserung ergriffen werden.

Medikationssicherheit

Für alle am Medikationsprozess in Alters- und Pflegeheimen beteiligten Berufsgruppen stehen E-Learning Module zur fachlichen Weiterbildung zur Verfügung (kostenfrei). Schwerpunkt bilden die Themen Polypharmazie, potenziell inadäquate Verordnungen und Medikation sowie Informationen für die Umsetzung der Qualitätsstandards für die jeweilige Berufsgruppe. Modul 2 richtet sich an Ärzt:innen und Apotheker:innen. Akkreditiert von FPH (12.5 Punkte), SGAIM (1 Credit) und SGKPT (2 Credits). Das Modul 3 behandelt die interprofessionelle Zusammenarbeit.

Pflegefachpersonen und Assistenzpersonen haben eine wichtige Rolle bei der Beobachtung der Bewohner:innen. Die folgenden beiden Tools sollen das Pflegepersonal dabei unterstützen. 

Das UAW-Tool ist eine Übersichtskarte, welche die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) der häufigsten verordneten Medikamente und PIM in Schweizer Pflegeheimen aufführt. Sie dient der Beobachtung und Identifikation von UAW.

Das Stop&Watch-Tool ist ein Dokumentations- und Kommunikationstool, welches besonders dem Assistenzpersonal in Heimen ermöglicht, unspezifische Veränderungen bei Bewohner:innen zu dokumentieren und kommunizieren.

Die Doppelkontrolle ist eine Massnahme, um Medikationsfehlern beim Verordnen, Richten und Verabreichen von Hochrisiko-Medikamenten entgegenzuwirken. 

Dier Stiftung Patientensicherheit Schweiz gibt Empfehlung für die wirksame Anwendung von Doppelkontrollen bei Hochrisiko-Medikation mit einer umfangreichen Begriffsklärung, zahlreichen Beispielen aus der Praxis sowie Antworten auf die Fragen: Bei welchen Arbeitsschritten im Medikationsprozess ist eine Doppelkontrolle sinnvoll? Wie wird eine gute (Doppel-)Kontrolle idealerweise durchgeführt?

Lernen aus unerwünschten Ereignissen

CIRRNET, das Critical Incident Reporting & Reacting NETwork, übernimmt als überregionale Institution eine zentrale Netzwerkfunktion für lokale Fehlermeldesysteme in der Schweiz. Alle angeschlossenen Einrichtungen können ihre lokalen CIRS-Meldungen anonymisiert in die CIRRNET-Datenbank einspeisen und auf diese Weise einen Beitrag zur übergreifenden Erhebung von Patient:innenrisiken leisten.

Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz hat verschiedene Arbeitsinstrumente entwickelt, die auf international anerkannten und bewährten Methoden basieren und Leistungserbringer beim Betrieb eines wirksamen Fehlermeldesystems unterstützen, beispielsweise Tools zur Durchführung von Fallanalysen, zur Analyse von Arbeitssystemen, zur Selbstbewertung des internen Fehlermeldesystems und zur Risikobewertung.

Das London-Protokoll ist ein Instrument zur Analyse von Fehlern und Ereignissen im Gesundheitswesen. Es verfolgt einen systemischen Ansatz, um die zugrunde liegenden Ursachen zu verstehen und ein erneutes Auftreten zu verhindern. Das Instrument findet weltweit breite Anwendung für Schulung und Ausbildung, Forschung und Analysen zur Unterstützung von Programmen zur Patient:innensicherheit. Auch in unsere ERA-Kurse (Error & Risk Analysis) fliesst das London-Protokoll mit ein. 2024 wurde eine aktualisierte Version des London-Protokolls von 2004 publiziert.

PatBox.ch ist die erste institutions- und sektorenübergreifende Meldeplattform, die unmittelbar die Erfahrungen von Patient:innen und Angehörigen bei (potentiell) sicherheitsgefährdenden Vorfällen im Rahmen der Schweizer Gesundheitsversorgung aufnimmt. Die Plattform dient als unabhängiges Berichts- und Lernsystem. Informationen daraus fliessen direkt in Projekte und Produkte der Stiftung Patientensicherheit Schweiz ein. Mit den Patbox.ch News zu verschiedenen Fokusthemen werden Leistungserbringer zudem sensibilisiert und erhalten qualitative Informationen und weiterführende Links, um aus den Meldungen zu lernen und gezielt Verbesserungen einleiten zu können.

Sicherheitskultur

In einer Just Culture – oft als Gerechtigkeitskultur übersetzt – besteht eine Atmosphäre des Vertrauens,
in der Mitarbeitende ohne Angst vor Strafe über sicherheitsrelevante Fehler und Bedenken sprechen
können. Statt individuelle Schuld zuzuweisen, werden Fehler analysiert, um durch Systemanpassungen
ähnliche Ereignisse künftig zu vermeiden. Um Just Culture im Schweizer Gesundheitswesen effektiv und nachhaltig zu implementieren, bedarf es der gleichzeitigen Umsetzung verschiedener Massnahmen auf Makro-, Meso- und Mikroebene.

Sicherheitsrisiken in der Patient:innenversorgung werden von Fachpersonen zwar erkannt, aber häufig nicht ausgesprochen – oder nicht gehört. Mit dem validierten Fragebogen können Spitäler und Kliniken das innerbetriebliche Kommunikationsverhalten erheben für eine bessere Speak-Up-Kultur im Gesundheitswesen.