Patientensicherheit

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Sichere Medikation an Schnittstellen

Medikationsfehler sind häufig – auch in der Schweiz. Hierzulande sind allein 20‘000 Spitalaufenthalte pro Jahr auf medikamentenbedingte Probleme zurückzuführen. Jeder zehnte Spitalpatient wird durch Medikationsfehler oder unerwünschten Wirkungen geschädigt. Da der Spitaleintritt und -austritt besonders riskante Momente für Medikationsfehler sind, setzt diese nationale Pilotprogramm von Patientensicherheit Schweiz hier an.

Hintergrund

Typische Fehler bei Spitaleintritt und -austritt sind das Auslassen oder Hinzufügen von Medikamenten sowie Dosierungsfehler. Um das zu verhindern, hat sich in anderen Ländern der systematische Medikationsabgleich als wirksame Massnahme erwiesen. Das progress!-Programm hat deshalb den systematischen Medikationsabgleich in der Schweiz eingeführt und umgesetzt. Basierend auf Erkenntnissen erfolgreicher Projekte aus den USA, Kanada und Europa wurden Unterstützungsmaterialien für Fachpersonen und Patienten sowie ein Pilotprojekt für Schweizer Akutspitäler entwickelt.

Medikationsabgleich

Ein Abgleich mit System umfasst die systematische Erstellung einer Liste aller Medikamente und Präparate, die der Patient vor Spitaleintritt eingenommen hat. Das legt die Basis für eine sichere Medikationsverordnung und für alle weiteren medikationsbezogenen Prozesse im Spital – vom Eintritt über Verlegungen bis zum Austritt. Dazu wird die Liste im Spital immer dann abgeglichen, wenn Medikamente hinzugefügt, verändert oder abgesetzt werden. Der systematische Medikationsabgleich beginnt also beim Spitaleintritt, wird bei jeder internen Verlegung wiederholt und zuletzt beim Austritt durchgeführt. Ziel ist es, die Angaben zur Medikation genau, umfassend und konsequent über alle Behandlungsschnittstellen hinweg zu erfassen und zu kommunizieren.

Der systematische Medikationsabgleich im Spital umfasst zwei Elemente:

  1. die systematische Erstellung einer umfassenden Medikationsliste
  2. den konsequenten Abgleich dieser Liste, wenn Medikamente verordnet werden

Charta

Patientensicherheit Schweiz lancierte die Charta «Verbesserung der Medikationssicherheit durch den systematischen Medikationsabgleich in Spitälern», mit der Stakeholder den systematischen Medikationsabgleich zum Standard in Schweizer Spitälern erklären. Matchentscheidend für die Einführung von Medikationschecks ist, dass die Spital- und Klinikleitungen es aktiv unterstützen und es genügend personelle Ressourcen hat. Dazu braucht es Interprofessionalität, den Einbezug der Patienten und gute IT-Strukturen.


Die Charta «Sichere Medikation an Schnittstellen» wird von folgenden Gesundheitsinstitutionen, Verbänden und Einzelpersonen unterstützt:


Weitere Organisationen und Einzelpersonen sind eingeladen, die Charta zu unterstützen. Schicken Sie das ausgefüllte Formular an info@patientensicherheit.ch.

Vertiefungsprojekt

In einem Vertiefungsprojekt mit mehreren Schweizer Pilotspitälern wurden von März 2015 bis Ende 2016 Erfahrungen zur Umsetzung der Empfehlungen «Der systematische Medikationsabgleich im Akutspital» gewonnen. Aus Zeit- und Ressourcengründen fokussierte das Vertiefungsprojekt auf den Spitaleintritt. Der Medikationsabgleich bei Eintritt bildet die Grundlage für eine optimale und sichere Medikationsverordnung im Spital – und später für einen wirkungsvollen Medikationsabgleich bei internen Verlegungen und beim Spitalaustritt.

Interprofessionelles Programmkonzept mit definiertem Zeitplan und ausgewählten Aktivitäten

  • Workshops mit Inputs und Austausch
  • Unterstützungsmaterialien, wie Plakatvorlagen und Präsentationen für interne Wissensvermittlung sowie Trainingsleitfaden Medikationsanamnese
  • Besuch/Austausch in der Startphase und Site Visit während der Umsetzungsphase durch Patientensicherheit Schweiz
  • Erhebungen: Entwicklung von Instrumenten und Auswertungen

Voraussetzungen und Verpflichtungen seitens Pilotspitäler

  • Spitalleitung unterstützt das Projekt explizit und stellt die dafür notwendigen internen Ressourcen zur Verfügung
  • Umsetzung des systematischen Medikationsabgleichs bei Eintritt in einer akut-internistischen Organisationseinheit
  • Interprofessionelle Projektgruppe, deren Mitglieder an den Workshops des Vertiefungsprojekts teilnehmen.

Prämissen

  • Veränderungs- und Kooperationsbereitschaft
  • Offenheit, Engagement, Verbindlichkeit, Vertraulichkeit

Pilotspitäler

Folgende Pilotspitäler nahmen am zweijährigen Vertiefungsprojekt teil (2015 – 2016). Sie wiesen eine optimale Durchmischung auf: angemessene Vertretung der verschiedenen Landesteile; unterschiedliche Betriebsgrössen und Arten von Spitälern (z.B. Fachbereiche); unterschiedliche Dokumentationsformen (Cardex oder elektronische Patientendossiers) sowie unterschiedliche Erfahrungen bei der Anwendung von Medikationslisten.

  • Bethesda Spital AG Basel
  • Centre Hospitalier Universitaire Vaudois
  • Ente Ospedaliero Cantonale, sede Ospedale Regionale di Mendrisio
  • Hôpitaux Universitaires de Genève
  • Kantonsspital Baselland, Standort Bruderholz
  • Regionale Spitalzentren Frutigen, Meiringen, Interlaken
  • Spital Region Oberaargau
  • Zuger Kantonsspital

Fachbegleitgruppe

  • Dr. med. Stefano Bassetti, Chefarzt Klinik für Innere Medizin, Universitätsspital Basel
  • Johnny Beney, PD, Pharmacien d’hôpital FPH / Pharmacien-chef du Service de Pharmacie, Hôpital du Valais (RSV) Institut Central (ICHV)
  • Dr. Karin Fattinger, Chefärztin Innere Medizin, Mitglied der Spitalleitung, Bürgerspital Solothurn
  • Brigitte Garessus, Leiterin Bereich Kleinbasel, SPITEX BASEL
  • Dr. E. Kurt Hersberger, Pharmaceutical Care Research Group
  • med. Marc Jungi, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH / stv. Geschäftsführer Sanacare AG, Gruppenpraxis Bern
  • phil. Markus Lampert, Leitender Spitalapotheker Klinische Pharmazie, Solothurner Spitäler AG
  • med. Marc Oertle, Medizininformatik, Spital Thun
  • D. Anthony Staines, Consultant / Chargé du programme ‘sécurité des patients’, FHV Fédération des hôpitaux vaudois
  • Brigitte Waldispühl, Capo servizio processi clinici informatizzati, Ente Ospedaliero Cantonale
  • Franziska Zúñiga, MSN, Institut für Pflegewissenschaft, Universität Basel / Leiterin Qualitätsmanagement, KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit
  • Barbara Züst, lic. iur. HSG, Geschäftsführerin Schweizerische Stiftung SPO Patientenschutz

Tagung 2017

Ziel der Tagung «Sicheres Medikationsmanagement an den Übergängen der stationären Versorgung» am 1. Juni 2017 war es, die interprofessionelle Diskussion zur Etablierung von sicheren und nachhaltigen Medikationsprozessen zu fördern. Die Dokumentation zur Tagung dazu findet sich in der rechten Seitenleiste unter «Tagung Medikationssicherheit».

Short Facts

Laufzeit: 2014 – 2017
Finanzierung: Bundesamt für Gesundheit BAG

Kontakt

Dr. Alessandra Moscaroli
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
+41 43 244 14 81
moscaroli@patientensicherheit.ch

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